(Die englischspachige Originalfassung dieses Artikels wurde im 22. September 2023 auf der Website der britischen Zeitschrift Heritage and Destiny veröffentlicht – auf Vincents Blog auf Französisch und auch hier in diesem Blog auf Englisch und Spanisch.)
Am 21. September 2023 forderte ein schottischer Staatsanwalt ein Edinburgher Gericht auf, Frankreich „gebührenden Respekt zu zollen” and einen Mann an sein Heimatland auszuliefern, der sich nach schottischem Gesetz keines Verbrechens schuldig gemacht hat. Peter Rushton, stellvertretender Redakteur der Zeitschrift Heritage and Destiny, berichtet aus dem Gerichtssaal.
(Weitere Beiträge zur Causa Reynouard und zu geschichtsrevisionistischen Themen finden Sie auf dem englischsprachigen Blog Real History des Autors Peter Rushton.)
Der französische Revisionist Vincent Reynouard erschien in einem Gerichtssaal des Edinburgh Sheriff Court zu einer umfassenden Anhörung im Rahmen seines Auslieferungsverfahrens. Die Anhörung fand fast exakt zehn Monate nach seiner Festnahme in Anstruther, einem schottischen Fischerdorf, statt. Vincent hatte dort still und ruhig als Privatlehrer gearbeitet. Auβerdem vollendete er während seinens Aufenthalts in Anstruther seine wichtigste geschichtsrevisionistische Veröffentlichung, sein Buch über das so genannte Massaker von Oradour-sur-Glane.
Vincent Reynouard wurde im Ergebnis einer gemeinsamen Aktion der schottischen Polizei und von Ermittlern von Scotland Yard festgenommen. Rechtliche Grundlage der Aktion war ein Auslieferungsersuchen, das von französischen Staatsanwälten eingereicht worden war. Deren Absicht ist es, Vincent Reynouard wegen seiner revisionistischen Videos über Oradour und über die so genannten Gaskammern in Auschwitz langfristig hinter Gitter zu bringen.
Keine dieser revisionistischen Veröffentlichungen verstöβt gegen das schottische oder das englische Gesetz. Allerdings sahen sich staatliche britische Behörden einem starken Einfluss seitens der als gemeinnützige Organisation registrierten jüdischen Vereinigung Campaign Against Antisemtism ausgesetzt. Ebenso machte Lord Austin, Politiker und Mitglied des Oberhauses des britischen Parlaments, seinen Einfluss geltend. (Als er noch Abgeordneter des Unterhauses des Parlaments war, war Lord Austin als Ian Austin MP bekannt.)
Die vollkommene Absurdität der Situation – die Kriminalisierung eines Intellektuellen – wurde mir durch zwei zufällige Begebenheiten im Gerichtsgebäude deutlich vor Augen geführt, als ich dort auf den Beginn von Vincents Anhörung wartete. Dabei war eine dieser Begebenheiten eher trivial, während die andere durchaus ernst war.
Ein Aufkleber des Edinburgher Ablegers des Fanclubs des Hamburger Fuβballvereins von St. Pauli war in der Herrentoilette des Gerichtsgebäudes angebracht. Die Anhänger von St. Pauli sind weltweit berüchtigt für ihren gewalttätigen „Antifaschismus” und für ihren Marxismus. Es wäre unvorstellbar, dass Aufkleber einer gewalttätigen „rassistischen” oder „faschistischen” Gruppe (wie etwa einer Anhängergruppe der Fuβballclubs Lazio, Chelsea, Millwall oder Oldham) ohne Weiteres in einem Gerichtsgebäude toleriert werden würden.
Die andere Begebenheit war potentiell von viel gröβerer Tragweite. Vincents Anhörung fand in einem Gerichtssaal statt, der in erster Linie für Auslieferungsverfahren genutzt wird. Praktisch bedeutete das, dass über zwei Stunden damit vergingen, dass mehrere verfahrensrechtliche und die Prozesse verschiedener Angeklagter vorbereitende Diskussionen im Gerichtssaal stattfanden, bevor Vincents Anhörung überhaupt beginnen konnte. Unter den besprochenen Fällen waren auch solche von angeblichen Mitgliedern krimineller Banden aus Osteuropa.
Eine äuβerst wichtige Diskussion im Rahmen jener verfahrensrechtlichen und vorbereitenden Sitzungen im Gerichtssaal betraf einen Angeklagten, der über eine Videoschaltung mit dem Gericht verbunden war. Es handelte sich um den Attentäter und Terroristen der „wahren IRA” Antoin Duffy, der auch unter dem Namen Anton Duffy bekannt ist.
Duffy war im Jahre 2015 wegen eines gegen zwei ehemalige Mitglieder der Ulster Defence Association (UDA) gerichteten Mordkomplotts zu einer siebzehnjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. Das Komplott zielte konkret auf die Tötung von Johnny Adair und von Sam „Skelly” McCrory ab. Beide Männer gingen ins schottische Exil, nachdem sie aus der UDA geworfen worden waren.
Duffy sitzt nach wie vor seine Freiheitsstrafe in einem Hochsicherheitsgefängnis in Schottland ab. Gleichzeitig soll gegen ihn ein Gerichtsverfahren in Irland eröffnet werden. Dortzulande laufen die Vorbereitungen für eine Anklage wegen des Mordes an Denis Donaldson. Donaldson, ein Agent des britischen Inlandsgeheimdienstes MI5 innerhalb der IRA, war im Jahre 2006 Opfer eines Attentats geworden. Aus diesem Grunde hatte Duffy am gleichen Tag wie Vincent im Rahmen eines Auslieferungsverfahrens in Edinburgh vor Gericht zu erscheinen.
Heritage & Destiny ist augenblicklich nicht in der Lage, die spezifischen Anklagepunkte gegen Duffy weiter zu kommentieren. Wenn man von früheren Verurteilungen und von Berichten über verdeckte Observationsvorgänge durch die Polizei und durch den MI5 ausgeht, steht es jedoch auβer Frage, dass Duffy einer der gefährlichsten Terroristen des Vereinigten Königreiches ist.
Im Mittelpunkt von Auslieferungsverfahren stehen normalerweise Personen, denen man tatsächliche Verbrechen zur Last legt. In dieser Woche in Edinburgh – und eigentlich bereits seit zehn Monaten – musste und muss Vincent Reynouard ein solches Verfahren über sich ergehen lassen. Vincent ist kein Krimineller, sondern ein Intellektueller.
Wie uns bereits bei dem häufigen Missbrauch des Terrorism Act im Vereinigten Königreich durch staatliche britische Behörden bewusst geworden ist, werden gegenwärtig gezielt Personen verfolgt, deren Anliegen es ist, einfach über die europäische Geschichte die Wahrheit zu sagen. Die Behörden agieren vorzugsweise im Einklang mit den Maβgaben zwielichtiger internationaler Lobbyisten, anstatt sich strikt an die britische Gesetzgebung zu halten.
Dennoch gibt es Gründe, im Fall von Vincent Reynouard zuversichtlich zu sein. Vincent wurde sehr kompetent durch seinen Anwalt Paul Dunne und auβerdem durch den Barrister Fred Mackintosh KC vertreten. (Herr Mackintosh ist auch in England als Barrister zugelassen.)
Es muss natürlich betont werden, dass sich Vincents Verteidigung – wie erforderlich – in erster Linie auf juristische Argumente stützte. Das entsprach dem Wesen der Debatte vor Gericht. Die Verteidigung Vincents erfolgte nicht hauptsächlich auf der Grundlage seiner Auslegungen historischer Ereignisse oder seiner politischen Ansichten.
Wie auch in anderen Fällen dieser Art darf man nicht davon ausgehen, dass etwa Herr Dunne oder Herr Mackintosh sich auch nur ansatzweise mit Vincents Ansichten identifizieren oder dass sie überhaupt eine bestimmte Meinung zu gewissen historischen oder politischen Streitfragen vertreten oder aber dass sie über entsprechende Sachkenntnisse verfügen. Die beiden Herren sind Juristen und haben besonderes Fachwissen auf dem Gebiet von Auslieferungsverfahren. Sie sind weder Experten für strittige Fragen des Geschichtsrevisionismus, noch sind sie besonders bewandert in der Entwicklungsgeschichte des Nationalsozialismus.
Da Vincent bereits zehn Monate im Gefängnis verbracht hatte (auf Grund von Handlungen, die in Groβbritannien keine Straftaten sind), war der erste französische Haftbefehl hinfällig. Dieser erste Haftfbefehl wurde mit der Tatsache begründet, dass Vincent in Abwesenheit von einem Pariser Gericht schuldig gesprochen und entsprechend verurteilt worden war. Allerdings kann er auf der Basis dieser Gerichtsentscheidung nicht mehr an Frankreich ausgeliefert werden. Er hatte praktisch seine französische Haftstrafe in Schottland abgesessen, als er während des Auslieferungsverfahrens so lange Zeit auf seine gerichtliche Anhörung warten musste.
Nachdem Herr Mackintosh darauf hingewiesen hatte, dass der erste Haftbefehl bereits abgelaufen war, konzentrierte er sich auf den zweiten Haftbefehl gegen Vincent.
Da dieser Haftbefehl vollkommen neue Anklagepunkte einschlieβt, die nun praktisch anstelle der Unterpunkte des ergangenen französischen Gerichtsurteils verhandelt werden müssen, war die traditionelle Aufgabenliste, die früher im Zusammenhang mit einem europäischen Haftbefehl regelmäβig „abzuhaken” war, hinfällig geworden. Nach dem Brexit gibt es eine neue Liste, die dem veränderten Status Groβbritanniens angepasst ist.
Herr Mackintosh unterstrich, dass der Grundsatz der beiderseitigen Strafbarkeit, ein bewährter Grundsatz in Auslieferungsverfahren, selbstverständlich auch in Vincents Fall gelten müsse. Anders ausgedrückt, müsse das Gericht im Laufe des Verfahrens zu der festen Überzeugung gelangen, dass die Handlungen, die Vincent angelastet werden, sowohl in Frankreich als auch in Schottland als kriminelle Straftaten anzusehen sind.
Der Richter solle, so fuhr Herr Mackintosh fort, seine Schlussfolgerungen über die Absichten Vincents ziehen, indem er sein Verhalten insgesamt betrachtet und indem er alle dem Gericht vorliegenden Videotranskripte in seine Betrachtungen einbezieht. Er solle nicht lediglich die Interpretation des Staatsanwalts von einzelnen, aus dem Kontext gerissenen Sätzen hinnehmen.
Herr Mackintosh stellte insbesondere ein Video heraus, das die Staatsanwälte verwendet hatten, um ihre Argumentation zu untermauern. Er betonte, dass der Richter die ins Englische übersetzten Videotranskripte in ihrer Gesamtheit sorgfältig prüfen solle. Diskussionsgegestand war konkret ein Video, das am 22. Februar 2020 veröffentlicht worden war und dessen Titel folgendermaβen übersetzt worden war: Das jüdische Problem – welche Lösung?
Die Verteidigung stellte nicht in Abrede, dass ein wesentliches Element in Vincents Videos etwas ist, was gemeinhin als „Holocaustleugnung” bezeichnet wird. Sie stellte weiterhin nicht in Abrede, dass einige der Videos das so genannte jüdische Problem erörtern und dass ein bestimmtes Video Vincents die historische Authentizität des „Massakers von Oradour” bestreitet.
Der Schlüsselabschnitt der juristischen Begründung daür, dass Vincent nicht ausgeliefert werden sollte, wurde von Herrn Mackintosh mit einem Urteilsspruch des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte im Fall Perinçek gegen die Schweiz eingeleitet.
Der Fall betraf den türkischen Politiker Perinçek, der beschuldigt worden war, den Völkermord an den Armeniern „geleugnet” zu haben. Der Genozid an den Armeniern war vom Ottomanischen Reich während des ersten Weltkrieges verübt worden.
Es ist für Vincents Fall von besonderer Bedeutung, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in seinem Urteil recht detalliert auf die unterschiedlichen Gesetzgebungen europäischer Staaten eingeht, wenn es um die juristische Bewertung von Taten geht, die einer „Leugnung” von Völkermord gleichkommen.
Mit Blick auf die Vertragsstaaten der Europäischen Menschenrechtskonvention stellte der Europäische Gerichtshof fest:
Was die juristische Bewertung und Verfolgung einer Vökermordleugnung angeht, so gibt es im Wesentlichen vier Typen von staatlichen Vorgehensweisen:
- a) Staaten wie Österreich, Belgien, Frankreich, Deutschland, die Niederlande und Rumänien stellen nur die Leugnung des Holocaust oder allgemein die Leugnung von durch die Nazis begangenen Verbrechen unter Strafe. (Rumänien stellt darüber hinaus die Leugnung der Vernichtung der Sinti und Roma durch die Nazis unter Strafe.) Zusätzlich zur Strafbarkeit der Leugnung des Holocaust und von nazistischen Verbrechen ist in Griechenland auch die Leugnung von Völkermorden strafbar, die von einem internationalen Gerichtshof oder vom griechischen Parlament als solche offiziell anerkannt wurden.
- b) Staaten wie Tschechien und Polen stellen die Leugnung von nazistischen und kommunistischen Verbrechen unter Strafe.
- c) In Staaten wie Andorra, Zypern, Ungarn, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Mazedonien (ehemalige Teilrepublik Jugoslawiens), Malta, Slowakei, Slowenien und in der Schweiz gilt die Leugnung von jeglicher Art von Völkermord als Straftat. In Litauen steht die Leugnung von sowjetischen und nazistischen Verbrechen an litauischen Bürgern gesondert unter Strafe. Zypern hingegen kriminalisiert die Leugnung von solchen Verbrechen, die ein zuständiges und zur normalen Rechtssprechung fähiges Gericht als Völkermord anerkannt hat.
- d) In Staaten wie Finnland, Italien, Spanien (nach dem Urteil des spanischen Verfassungsgerichtshofes aus dem Jahre 2007), Groβbritannien und in den skandinavischen Ländern wird die Leugnung von Völkermord nicht gesondert strafrechtlich verfolgt.
Wie Herr Mackintosh betonte, war das Vereinigte Königreich vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte jenen Staaten zugeordnet worden, die keine Form von „Holocaustleugnung” als besondere Straftat juristisch verfolgen.
Er fügte hinzu, dass die Anklage daher das schottische Gericht davon überzeugen müsse, dass – wie im Auslieferungsersuchen behauptet – tatsächlich die Kriterien erfüllt sind, die gemäβ Section 127 des britischen Communications Act (2003) erfüllt sein müssen, um in Vincents Fall überhaupt von Straftaten reden zu können.
Die Alternative wäre, dass der Staatsanwalt das Gericht davon überzeugen könnte, dass Vincent Hausfriedensbruch, eine Straftat gegen die öffentliche Ordnung, begangen habe.
Die Frage, genau wie „Hausfriedensbruch” in der schottischen Gesetzgebung zu definieren sei, ist in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach kontrovers diskutiert worden. Es handelt sich um eine juristische Streitfrage, zu deren Erörterung Herr Mackintosh auf besondere Weise beigetragen hat. Er veröffentlichte unter anderem zu diesem Thema einen Artikel in Scottish Legal News.
Handlungen, die nach schottischem Gesetz als Hausfriedensbruch gelten, müssen „bei normalen Bürgern Besorgnis erregen”. Sie müssen von der betroffenen Kommune bzw. von der Gesellschaft als eine ernsthafte Bedrohung ihrer normalen Lebensweise wahrgenommen werden. Ein enstsprechender Urteilsspruch wurde im Jahre 2014 von Lady Clark of Carlton verkündet. Herr Mackintosh führte weiter aus, dass Lady Clark die Gerichte der unteren Instanzen daran erinnert hatte, dass
„…Handlungen wahrscheinlich erst dann bei einem vernünftigen Menschen Angst oder Besorgnis auslösen, wenn sie in ihrer Intensität negative Empfindungen wie etwa die der Lästigkeit oder der Störung übersteigen.”
Herr Mackintosh legte dar, dass bei einer Beurteilung dessen, ob gewisse Handlungen das normale Leben einer Kommune ernsthaft bedrohen oder einschränken, unbedingt eine Reihe von weiteren Umständen in die Überlegungen einbezogen werden müssten.
Er brachte mehrere schottische Gerichtsfälle zur Sprache, bei denen es darum ging, dass es im Laufe von Fuβballspielen zu wüsten gegenseitigen Beschimpfungen zwischen den Mannschaftsfans gekommen war. Ein willkommener Anlass war leicht gefunden, wenn zum Beispiel Fans einer bestimmten Ethnie oder Rasse angehörten oder einen bestimmten Fuβballverein unterstützten. Ein typisches Verhaltensmerkmal der Fans war dabei, dass die Beschimpfungen auf die Anhänger des gegnerischen Fuβballklubs abzielten und in unmittelbarer räumlicher Nähe zu diesen ausgestoβen wurden.
In einem Fall aus dem Jahre 1981 gegen Mike Duffield, einen kommunistisch orientierten Politaktivisten, lautete das Urteil des zuständigen Gerichts (Sheriff Court), dass der Tatbestand des Hausfriedensbruches erfüllt war, als Duffield Pro-IRA-Losungen schrie, während er die marxistische Zeitung Fight Racism Fight Imperialism und die der IRA nahestehende Zeitung Hands off Ireland verkaufte. Die Tatsache, dass Duffield im Heimstadion des Fuβballclubs Glasgow Celtic agierte, wo viele der anwesenden Fuβballfans durchaus ähnliche Ansichten wie Duffield hatten, änderte nichts an dem Gerichtsurteil.
Man kann auch einen Blick auf das andere Ende des politischen Spektrums werfen. Dort findet man beispielsweise einen Fall von Hausfriedensbruch, der sich um einen Unterstützer der National Front drehte. Dieser hatte Bulldog, eine Publikation der Young National Front, vor dem Heimstadion des FC Heart of Midlothian („Hearts”) in Edinburgh verkauft.
Bei all diesen Gerichtsfällen war es unverzichtbar, die jeweiligen Umstände in Betracht zu ziehen, in denen Handlungen begangen bzw. die fraglichen Äuβerungen gemacht wurden. In Vincents Fall geht es um Worte, mit denen er Videos im Internet kommentierte.
Es gab acht derartige Videos, auf die sich die französische Staatsanwaltschaft im zweiten Haftbefehl bezog. Das erste dieser Videos hat speziell Oradour zum Thema. Bei dem zweiten, dritten und vierten Video handelt es sich jeweils um Darlegungen zu der fundierten Meinung Vincents, dass es in Auschwitz keine Gaskammern zu menschlichen Tötungszwecken gegeben hat. Vincent stellt klar, dass die konventionelle Geschichtsschreibung zum Holocaust auf einer sehr schütteren Beweisgrundlage steht. Das fünfte und sechste Video erörtern das „jüdische Problem” oder „was man wegen der Juden machen” sollte. Das siebte und achte Video sind erneut dem Thema Auschwitz , den „Gaskammern” und dem Holocaust im weiteren Sinne gewidmet.
Herr Mackintosh betonte, dass Vincent Reynouard in sechs dieser acht Videos nicht zu irgendwelchen Handlungen aufgerufen habe. Der Inhalt der Videos könne keineswegs als persönliche Beleidigung oder Beschimpfung verstanden werden, noch könne er als Bedohung ausgelegt werden. Eine angemessene Beschreibung des Videoinhalts wäre die einer kritischen Bewertung der bisherigen Geschichtsschreibung. Eine solche Bewertung könne zwar umstritten sein, jedoch sei sie nicht illegal in Schottland.
In Video 5 und Video 6 geht Vincent näher auf eine von einem Zuschauer gestellte Frage ein. Die Anklage war offenbar gewillt, einzelne Sätze aus dem Kontext zu reiβen. Herr Mackintosh hingegen wiederholte, dass bei einer richtigen Einordnung der betreffenden Sätze in den Gesamtkontext eindeutig sei, dass Vincent seine Ablehnung gegenüber jeglichen politischen Maβnahmen zu einer „Vernichtung” der Juden zum Ausdruck bringe.
Die kritische Frage, die das Gericht zu stellen und zu beantworten habe, sei nicht, ob „vernünftige Leute” Vincents Ansichten ablehnen würden, sondern ob seine Ansichten mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Gesellschaft Besorgnis und Angst auslösen oder sie in ernsthafte Unruhe versetzen würden („threatened serious disturbance to society”) .
Falls das Gericht sich der Interpretation der Ansichten Vincents durch die Staatsanwälte anschlösse, dann würde das schlieβlich in ein Urteil münden, das eine offene Diskussion von umstrittenen Themen wie zum Beispiel das des Holocaust zu einer Straftat im Vereinigten Königreich erklärt.
Herr Mackintosh sagte, dass es den Parlamenten in London und in Edinburgh freistehe, eine „Holocaustleugnung” per Gesetz zu einer Straftat zu machen. Bisher hatten jedoch sowohl das britische Parlament als auch das schottische Parlament davon abgesehen.
Um also im Fall Reynouard überhaupt von Straftaten reden zu können, müsse nunmehr klar bewiesen werden, dass Vincents Worte ein anderes entscheidendes Kriterium erfüllen: Sie müssten Hausfriedensbruch darstellen.
Herr Mackintosh wandte sich dann genauer den entsprechenden strafrechtlichen Kriterien zu. Gemäβ Section 127 des Communications Act könnten Vincents Videos nur dann potentiell als Straftat gewertet werden, wenn sie nicht lediglich beleidigend („offensive”) wären. Um als Straftaten zu gelten, müssten sie in höchstem Maβe beleidigend oder zutiefst beleidigend („grossly offensive”) sein.
Die Staatsanwälte hatten sich in ihren Darlegungen insbesondere auf den Fall von Alison Chabloz bezogen. Dieser war in den letzten Jahren mehrmals vor verschiedenen Londoner Gerichten verhandelt worden war. Der Fall Chabloz war kein Präzedenzfall, auf den ein Staatsanwalt unbedingt hätte eingehen müssen. Jedoch wurde er In Vincents Auslieferungsverfahren vom schottischen Staatsanwalt als Präzedenzfall von groβer Aussage- und Überzeugungkraft behandelt.
Alison Chabloz war vor nicht allzu langer Zeit praktisch aus britischen revisionistischen Kreisen ausgeschlossen worden. Grund dafür war ihr verräterisches und boshaftes Verhalten. Sie hatte zum Beispiel den Sammelpunkt für die Teilnehmer des letzten Treffens mit Robert Faurisson an die „antifaschistische” Publikation Hope not Hate verraten. Ihre frühere Verhaltensweise hatte – wie es von uns bereits zu jenem Zeitpunkt vorausgesagt worden war – einen Präzedenzfall geschaffen, der möglicherweise auch zu einer Bedrohung für die persönliche Freiheit von Vincent Reynouard werden würde.
In einer gerichtlichen Revisionsverhandlung waren die Handlungen von Alison Chabloz erneut juristisch bewertet worden. Ein Richter befand, dass Chabloz in ihren Äuβerungen über Satire eindeutig hinausgegangen war. Er sagte, sie habe rechtlich eine Grenze überschritten, die Satire von gezielten böswilligen Beschimpfungen trenne.
Vincents Stil – so erklärte Herr Mackintosh – würde in einem klaren Gegensatz zu dem von Alison Chabloz stehen. Bei einer genauen Auswertung aller vorliegenden Übersetzungen der Videotranskripte würde der Richter zu der Auffassung gelangen, dass Vincents Darlegungen stets im Stil einer sachlichen akademischen Analyse blieben – selbst dann, wenn er auf heftig umstrittene Fragen eingehe. Er habe nichts gemein mit den groben antisemitischen Beleidigungen, die charakteristisch für den Stil von Alison Chabloz seien. In dieser Hinsicht würden sich beide Personen deutlich voneinander unterscheiden.
Herr Mackintosh bezog sich weiterhin auf den Gerichtsfall Collins, der wegweisend war für eine Entscheidungsfindung in der Frage, ob und welche Handlungen juristisch als zutiefst beleidigend einzustufen sind. Section 127 des Communications Act (2003) definiert wesentliche Merkmale einer strafbaren zutiefst beleidigenden Handlung.
Im Fall Collins hatte Lord Bingham of Cornhill das Urteil gesprochen hatte. Sein Urteil stellte klar, dass Handlungen, die juristisch als zutiefst beleidigend eingestuft werden, niemals losgelöst von den geltenden sozialen Normen einer „offenen, fairen und multikulturellen/multiethnischen Gesellschaft” gesehen werden dürfen. Man könne eine juristische Bewertung von Handlungen nur dann vornehmen, wenn man sie in ein soziales Umfeld einordne, das „einigermaβen aufgeklärt, jedoch nicht perfektionistisch” sei.
Anders ausgedrückt, müssten jene Videopassagen, die man Vincent zum Vorwurf macht, eine tiefste Beleidigung nicht nur für solche Menschen sein, die dem Thema des Holocaust eine besondere Sensibilität und/oder ein besonderes Interesse entgegenbringen und/oder die aus verschiedenen Gründen andere Ansichten zu diesem Thema vertreten als Vincent. Stattdessen müsste die Gesellschaft im gröβeren Maβstab Vincents Äuβerungen als zutiefst beleidigend wahrnehmen.
Wären bereits „Holocaustleugnung” und das Bezweifeln der historischen Authentizität des Massakers von Oradour an sich strafbar, dann würde es berechtigten Anlass geben, weitere Fragen zu stellen: Wie steht es mit dem Massaker von Amritsar? Was ist dann mit dem Völkermord an den Armeniern? Und wie gehen wir überhaupt mit anderen umstrittenen Themen der Geschichte um?
Herr Mackintosh schloss sein Plädoyer damit ab, dass er detailliert auf die Frage des Strafmaβes einging. Ein Auslieferungsverfahren muss auch darüber entscheiden, ob das vermeintliche Vergehen eine so schwere Straftat darstellt, dass sie eine Gefängnisstrafe nach sich ziehen würde. Erst vor kurzem wurden in Groβbritannien die Gerichte der niederen Instanzen angewiesen, dass Angeklagte nicht auf Grund von minderen Vergehen gegen die öffentliche Ordnung auszuliefern seien.
Fred Mackintosh führte aus, dass es selbst im häufig zitierten Gerichtsfall Chabloz nicht unweigerlich zu einer Gefängnisstrafe gekommen war, nachdem Alison Chabloz für schuldig befunden wurde, in ihren Äuβerungen zutiefst beleidigend gewesen zu sein. Er wiederholte, dass der persönliche Stil von Alison Chabloz in einem deutlichen Kontrast zu dem Stil stehe, der für Vincent Reynouards Videos typisch sei. Aus den genannten Gründen wäre es dem Gesetz nach falsch und auch unangemessen, einer Auslieferung Vincent Reynouards nach Frankreich stattzugeben.
Der Staatsanwalt (Advocate depute) Paul Harvey betonte in seinem Vortrag, dass Vincent Reynouards Videos die Kriterien erfüllten, nach denen ihr Inhalt gemäβ Section 127 des Communications Act als zutiefst beleidigend eingestuft werden müsse. Laut Harvey sei es ebenso gerechtfertigt, die Videos strafrechtlich als Hausfriedenbruch zu bewerten.
Herr Harvey lenkte die Aufmerksamkeit des Richters auf einen Ausschnitt aus einem Videotranskript. In dem betreffenden Ausschnitt äuβert Vincent, dass „ … es ein jüdisches Problem gibt…” und dass er in der Analyse des Problems „weiter gehen würde als Adolf Hitler”.
Wörtlich sagt Vincent:
„Selbstverständlich nutzen die Juden die Situation aus – um zu herrschen, um uns sogar … zu unterdrücken.”
Herr Harvey charakterisierte diese Worte als „erschreckenden Antisemitismus”. Er forderte den Richter auf, alle der Videos, die man Vincent im französischen Haftbefehl zur Last legt, im Lichte des „Antisemitismus” ihres Autors und Produzenten zu sehen.
Er beantwortete eine Nachfrage des Richters zu diesem Punkt, indem er erklärte, dass jedes einzelne der acht Videos Vincents rechtlich als Hausfriedensbruch betrachtet werden sollte. Darüber hinaus sollten die Videos jedoch auch in ihrem Zusammenhang und als ein Ganzes betrachtet werden. Laut Harvey wären sie kennzeichnend für das Verhalten von Vincent Reynouard.
Die Tatsache, dass in Groβbritannien „Holocaustleugnung” nicht strafrechtlich verfolgt wird, bedeute nicht, dass der Angeklagte von jeder Schuld freizusprechen sei. Wenn „Holocaustleugnung” auf eine Art und Weise geschehe, wie Vincent Reynouard sie typischerweise praktiziere, könne sie sowohl nach britischem als auch nach französischem Gesetz strafrechtlich relevant werden.
Herr Harvey nahm Bezug auf den Fall von William Kilpatrick. Kilpatrick, ein Anhänger des Fuβballclubs Glasgow Rangers, hatte eine Nachricht auf Facebook hinterlassen, in der er es befürwortete, „Bomben über Bomben” an die Adresse des Managers des Clubs, Neil Lennon, zu schicken.
Paul Harvey erklärte weiter, dass es nach schottischem Gesetz nicht entscheidend darauf ankäme, ob getätigte Äuβerungen gleichzeitig einen konkreten Handlungsaufruf beinhalteten oder nicht. Er stellte fest, dass einige der Äuβerungen in Vincents Videos durchaus geeignet seien, nach schottischem Gesetz zu einer Anklage wegen Hausfriedensbruches zu führen, da sie auf öffentliche Unruhestiftung abzielten.
Er meinte sogar, dass Vincents Äuβerungen potentiell ein schwereres Vergehen darstellten als ein typischer Hausfriedensbruch im Fuβballstadion. Schlieβlich könnten Vincents Videos jederzeit und praktisch überall in Schottland gesehen und gehört werden. Der Tatbestand „Hausfriedensbruch” könne auch gegeben sein, ohne dass nachweislich ein „call for action” erfolgt wäre.
Herr Harvey fügte hinzu, dass Vincents „Verbrechen” in einem deutlich anderen kulturellen Umfeld – nämlich dem Frankreichs – verstanden werden müssten. Dort gäbe es ein erhötes Risiko der Anstiftung zum Antisemitismus. Die Äuβerungen Vincents könnten, so meinte Harvey, unter bestimmten Umständen Anlass zu einem Strafverfahren nach schottischem Recht geben. Im kulturellen Umfeld Frankreichs hingegen sei die Schwere von Vincents Taten noch deutlich kritischer zu bewerten.
Es überraschte nicht, dass der Staatsanwalt die Argumente der Verteidigung ablehnte, dass es sich bei Vincents Äuβerungen um sachlich-ruhige akademische Erörterungen handele. Herr Harvey meinte, dass die Äuβerungen Vincents mit denen von Alison Chabloz vergleichbar seien. Im Gerichtsfall Chabloz war man der Auffassung gefolgt, dass vor dem Hintergrund einer nachweislich antisemitischen persönlichen Grundeinstellung und einer antisemitischen Motivation eine „Holocaustleugnung” ipso facto zutiefs beleidigend sei.
Herr Harvey akzeptierte, dass nach britischem Recht nicht jeder Fall von Holocaustleugnung eine Straftat darstelle. Gleichzeitig hielt er daran fest, dass sowohl im Fall Chabloz als auch im Fall Reynouard die Leugnung des Holocaust zutiefst beleidigend sei und daher gemäβ Section 127 des Communications Act strafrechtliche Konsequenzen haben müsse.
Der Staatsanwalt sagte, dass der Richter die Frage des adäquaten Strafmaβes mit groβer Sorgfalt prüfen solle. Im Unterschied zu Fällen von beispielsweise Drogenmissbrauch oder von Diebstahl ginge es in diesem Verfahren um strafbare Handlungen, die unbedingt in ein ganz bestimmtes kulturelles Umfeld einzuordnen seien, um sie strafrechtlich angemessen bewerten können. Frankreich und Schottland würden Straftaten wie die Vincent Reynouards auf äuβerst unterschiedliche Weise ahnden. Der Richter solle diese Unterschiede respektieren. Er solle in seine Erwägungen andere Faktoren wie etwa die französische Geschichte und das Zusammenleben verschiedener Ethnien und Rassen im heutigen Frankreich einbeziehen. Paul Harvey unterstrich, dass es gerechtfertigt sei, dass französische Gerichte mit Straftaten dieser Art „sehr streng verfahren”.
Angesichts der Tatsache, dass Vincent Reynouard in Frankreich bereits ein langes Strafregister habe, sei es nicht nur möglich, sondern sogar sehr wahrscheinlich, dass ihn dort erneut eine Haftstrafe erwarte. Herr Harvey schloss seinen Vortrag ab mit den Worten: „Ich fordere Sie auf, Frankreich und französischen Traditionen gebührenden Respekt zu zollen.”
Zum Abschluss der gerichtlichen Anhörung gab Vincents Verteidiger Fred Mackintosh eine Kurzantwort auf die Ausführungen von Paul Harvey. Falls der Richter sich die Auffassung des Staatsanwaltes zu eigen mache, so gab Herr Mackintosh zu bedenken, dann liefe das schlieβlich darauf hinaus, dass in Zukunft „rassistische” Kommentare auf Facebook oder auf YouTube unweigerlich Hausfriedensbruch darstellen würden. Es wäre dabei vollkommen belanglos, in welchem Zusammenhang die Kommentare gemacht wurden. Herr Mackintosh forderte den Richter auf, diese Auffassung abzulehnen. Stattdessen solle er in seinem zu erwartenden Urteil anerkennen, dass „Holocaustleugnung”, wenn sie im Stile Vincent Reynouards zum Ausdruck gebracht werde, in Schottland keine Straftat sei. Sie bedeute weder einen Hausfriedensbruch, noch sei sie eine „zutiefst beleidigende” Handlung.
Der Richter sagte, dass es sein Ziel sei, bis zum 12. Oktober 2023 alle relevanten Unterlagen gelesen und die vorgebrachten Argumente beider Seiten ausgewertet und abgewogen zu haben. Er wolle planmäβig am 12. Oktober 2023 sein Urteil verkünden. [Am 12. Oktober entschied der Richter, dass Vincent an Frankreich ausgeliefert werden muss, der Fall wird jedoch im Januar in Berufung gehen und Vincent bleibt im Gefängnis von Edinburgh. Klicken Sie auf diesen Link, um einen Bericht (auf Englisch) über das Urteil zu erhalten.]
Es ist bereits jetzt abzusehen, dass der Fall Reynouard zu einer Art Lackmus-Test werden wird. Er wird richtungsweisend sein. In diesem Gerichtsverfahren wird sich herausstellen, ob es möglich ist, den Geschichtsrevisionismus in Groβbritannien unter Umgehung einer offenen parlamentarischen Debatte – gewissermaβen „durch die Hintertür” – zu kriminalisieren.
Wir werden die weitere Entwicklungen auf diesem Gebiet im Auge behalten und darüber berichten. Es sollte jedoch allen Beteiligten und Interessierten klar sein, dass wir uns strikt an unsere Grundsätze halten. Im Vereinigten Königreich, in Spanien und in Canada werden gegenwärtig unsere Traditionen der freien historischen Forschung angegriffen. Wir werden unsere Traditionen verteidigen – und zwar mit allen Methoden, die wir für richtig und notwendig erachten.